Eros At Arms vom 6./7. Mai 2022

Zwei Tage. Zwei Bühnen. Ein Lineup erster Sahne. Was willst du eigentlich mehr? Oder etwa weniger? 

Am 6./7. Mai 2022 ging das Eros at Arms über die Bühnen des Dynamos. Fabian und Okoi von Bölzer zeigten sich für das Lineup verantwortlich, Meh Suff richtete das Menu an. Auf der Speisekarte eine stilistisch bunte Mischung nationaler und internationaler Bands - und so manche Überraschung. Den Veranstaltern sei Dank gezollt für ein rundum gelungenes Festival, hoffentlich reichts für eine Zweitauflage!

Freitag

Eggs of Gomorrh

Die Genfer Eggs of Gomorrh praktizieren Black’n’Death Metal der kompromisslosen Sorte. Von Beginn weg stellen sie unmissverständlich klar, dass unnötiges Gefloskel hier, heute und sowieso gerade gar nichts zu suchen hat. Also vergiss es sogleich. Die vier präsentieren schnörkellos brutal aggressiv böse Musik, deren Intensität durch präzise ausgeführte Tempiwechsel sich noch steigert. Denk an Gomorrha und die Eier kannst du eigentlich sowieso vergessen, ausser im allenfalls übertragenen Sinn. In unterschiedlicher Besetzung existiert die Band übrigens bereits seit 2011, was deren routinierter Auftritt beweist. Wenn auch nicht jedermanns Sache: Eggs of Gomorrh hauen dermassen adäquat auf den Punkt, dass man unbedingt mal reinhören sollte.

Links

https://www.facebook.com/eggsofgomorrh
https://eggsofgomorrh.bandcamp.com
https://www.metal-archives.com/bands/Eggs_of_Gomorrh


Megaton Sword

Danach die Treppen hoch zum Saal, wo gerade Megaton Sword ihr Set mit In the Black of the Night eröffnet. Was bedeutet, von alttestamentarisch (Eggs of Gomorrh) in ein gänzlich anderes Zeit-Raum-Universum hineinkatapultiert. Bloss welche, frage ich mich, und wie jetzt mit Authentizität? Erinnerung an einen Abend im Salzhaus blubbert hoch, als Bölzer im Anschluss an Megaton Sword spielten und Diskussion zum Thema Metal-Pubertät et cetera sich entfalteten, doch lies den Piaget lieber gleich selbst...

Mit ihrem Longplayer Blood Hails Steel – Steel Hails Fire haben Megaton Sword sich internationale Beachtung verschafft und gespannt wartet man auf den Nachfolger. Heuer legen sie ein handwerklich solides Set hin und erzeugen von Beginn weg Druck, dennoch aber will der berühmte Funke nicht recht überspringen. Was (anfänglich) am Monitoring liegen mag oder allenfalls dem fehlenden Stammpublikum. Mir persönlich gefallen Megaton Sword da am besten, wo sie instrumental in NWOBHM-Stimmung geraten und irgendwie eigener wirken. Obwohl sie ihren Job ansprechend erledigen, wirken die drei Winterthurer manchmal etwas massgeschneidert.

Bild: claude@HeAvYmeTaL.ch


Load

Load passen vom Genre her eher bedingt ins Eros at Arms Konzept. Zu sehr new old New Wave oder wie auch immer. Doch aber ist die Begeisterung gross und manche mit unleserlichen Shirts schütteln ihre bemähnten Häupter zum Takt. Was teils daran liegen mag, dass das Gerücht, es handle sich etwa um Musiker von Schammasch, sich hartnäckig hält. Und wo was dran ist, ist was dran. Zaffre von Load meint dazu:

Wir hatten eine super Zeit am Eros at Arms und fühlen uns geehrt, dass wir als Szene-Aussenseiter Teil eines so genialen Line-Ups sein durften. Dafür möchten wir uns ganz herzlich bei Bölzer und Meh Suff bedanken! Vielen Dank auch an das Publikum, dass uns so warm empfangen und so heiss getanzt hat!» (Zaffre)

Bild: claude@HeAvYmeTaL.ch

Links

https://www.facebook.com/LOADnode/


Molasses (NED)

Da war mal was mit The Devil’s Blood und Neufanfang. Farida Lemouchi, ehemalige Sängerin, gründete gemeinsam mit den drei weiteren ex-Mitgliedern eine neue Band: Molasses. The Devil’s Blood kannte ich nur am Rande und konnte mir bloss ansatzweise vorstellen, was uns in der nächsten Stunde auf der Dynamo-Bühne erwarten würde. Komplett unvorbelastet ging ich an die Sache ran und wurde belohnt! Der Sound lässt sich als Psychedelic Rock beschreiben, kombiniert mit okkulten Vibes. Von der ersten Minute an begeistert Faridas grossartiger Gesangsleistung sowie Bühnenpräsenz und trotz zum Teil sperriger Songs, kommt zu keinem Zeitpunkt Langatmigkeit auf. Was nach intensiven 60 Minuten bleibt? Devils Blood 2.0? Keine Ahnung! Für mich jedenfalls eine weitere Band die ich hoffentlich nicht das letzte Mal Live erleben durfte. Molasses schreiben auf Nachfrage:

"It was only our second time on stage as a band. It felt great to be able to share that moment there and receive such a warm welcome."

Links

https://www.molassessband.com


Samstag

Valborg (GER)

Die brachial Zerberster aus Bonn haben sich am frühen Samstagnachmittag auf der Dyamo-Bühne eingefunden. Leider fast ohne die Audienz, welche sie eigentlich verdient hätten. Ich konnte mich, ausgerüstet mit einem Ahoi IPA (Danke, Meh Suff!) also ohne Gedränge in die erste Reihe stellen. Valborg hasst oder liebt man – oder beides irgendwie. Sie lassen sich keinem Genre zuordnen und mit keiner Band wirklich vergleichen. Auf Studioalben knallhart, aber zuweilen sehr anstrengend - live jedoch eine Wucht. Gehässige Wortfetzen («Beerdigungsmaschine») von Bassist Jan Buckard, gepaart mit schroffem Klangbild, das weitgehend auf seine primitivsten Bestandteile reduziert wird, lassen meinen Nacken leiden. Danke für diesen gut 1 Stunde dauernden Abriss! Nach kurzem Aufenthalt im Merch-Bereich mit aktueller Valborg LP im Gepäck geht’s weiter... Sidenote: Die minimalistischen Platten und Merch-Designs werden alle von Buckard selber gestaltet.

Valborg selbst meinen auf Nachfrage, es habe extrem Spass gemacht - trotz gesundheitlicher Angeschlagenheit.

Links

https://valborg.bigcartel.com
https://www.janbuckard.de


Dakhma

Meinerseits steige ich heute mit Dakhma ein, deren aktueller Longplayer Blessings of Amurdad (Eisenwald) durchaus zu überzeugen mag. Sie zählen zum Netzwerk des Helvetic Underground Commitee, in dessen Gefilden auch Urgeist oder Ungfell ihr Unwesen treiben. Auf der Bühne stehen barfüssige, in weisse Leinen gekleidete Männer, was zum Konzept von Dakhma gehört. Sie nennen es «Zoroastrian Death Music», welche sich inhaltlich an Texte anlehnt, welche dem Religionsstifter zugesprochen werden. Wie es ihnen wohl gelingen mag, das dichte Stimmungsbild der LP auf die Bühne zu übertragen, frage ich mich vorgängig, und werde in der Folge positiv überrascht. Dakhma legen einen dynamischen Auftritt hin, der überzeugt, wiewohl genügend Zugewandte sich im Werk21 angesammelt haben, um zoroastrische Stimmung aufkommen zu lassen. Dass der Keller kein Mekka für Audiophile darstellt, ist zwar hinlänglich bekannt, dennoch aber gelingt es, den Mix ansprechend plus differenziert zu gestalten.

Wir von HeAvYmeTaL.ch sind zuversichtlich, noch 2022 einen Podcast mit Helvetic Underground Commitee durchführen zu können und freuen uns auf den Besuch in der sagenumwobenen Krypta (gleich «the Crypt»).


Bild: claude@HeAvYmeTaL.ch

Links

bandcamp
Helvetic Underground Comitee


Schammasch

Gestern Load, heute Schammasch, wobei Heute mir persönlich näher liegt als eben Gestern. Die Basler werden zurzeit mit sämtlichen Lorbeeren überschüttet, wobei ausserländisch sie – wie halt so oft – sich noch grösserer Aufmerksamkeit erfreuen. Obwohl stilistisch insgesamt schwierig zu fassen, werden Schammasch der Kiste avantgardistischer-Black’n’Death-Metal-mit-Hang-zum-Konzeptuellen zugeordnet, was sich denn auch live widerspiegelt. Bei Schammasch möchte man von Performance sprechen, wobei die Musik angenehm im Zentrum steht. Ein Muss!

„Für uns war das Eros at Arms die erste Show seit einem halben Jahr, und somit eine notwendige Energieentladung. Nach 2 Verschiebungen sind wir dankbar darüber, dass das Festival nun endlich stattfinden konnte, und wir bedanken uns herzlich bei unseren Freunden in Bölzer und dem Meh Suff! Team, für die Einladung und exzellente Durchführung und wünschen nur das Beste für die nächstjährige Edition." (Schammasch)


Triumph of Death

Auf der Bühne steht Tom Gabriel Fischer aus Nürensdorf, was er denn gleich zu Beginn klarstellt: Nämlich Nürensdorf. Gleich Hellhammer plus Schraten voller Erinnerung. Auf den Monat vierzig Jahre sind es her, erklärt Tom, dass Hellhammer aus der Taufe gehoben worden war - wenn auch nicht im säkularen Sinn nehme ich an. Anno 1982, um genau zu sein, als ein gewisser Steve Harris sich gerade von Di’Anno trennt, Screaming for Vengeance eine leuchtende Landmarke setzt und Venoms Black Metal dir so nebenbei den einen oder anderen Lacher beschert. Sowieso britische Welle quer über den Ärmelkanal gerollt, dass ein an sich unscheinbarer Shop am St Anns Court in London zu einer Art Heiligtum mutiert. Hierzulande kursieren irgendwann dann diese Tapes in unterschiedlichen Qualitäten: weil kopiert, kopiert und nochmals kopiert, jedes aber garantiert echter als das vorhergehende. Death Find, Triumph of Death und Satanic Rites heissen die Werktitel, wobei gemunkelt wird: "Die meinen es im Fall voll ernst mit allem, nicht bloss der Musik, sondern auch dem Tod." Als endlich Apocalyptic Raids auf Noise erscheint, ist konzeptuell dann aber bereits Schluss mit Hellhammer, sprich Zäsur, und weiter geht’s mit CF et cetera. Zu selben Zeit findet übrigens eine erste grosse Retrospektive von H.R. Giger im Seedamm Kulturzentrum statt, leider aber habe ich damals den Ausstellungskatalog komplett zerschnitten, um irgendwelche Hefte damit einzufassen. Aus heutiger Sicht irgendwie doof.

Willst du dir übrigens die gesamte Fischer-Story live reinziehen, reist du am 1. Juni 2022 nach Danzig ans Mystic Festival. Wenige Tickets sind noch im Handel.

Bild: Arash Taheri. Vielen Dank für die Erlaubnis, Arash! Weitere Pics: Arash on Flickr; Arash on Facebook

Der Auftritt von Triumph of Death stellt für mich ein Highlight dieser ohnehin schon genialen Eros at Arms-Tage da. Ganz so einfach aber, wie es ausschaut, ist es dann doch wieder nicht. Verstaubte Relikte aus der Vergangenheit lagern ja allerorten in Kellern oder Winden und jede/r weiss um die Gefahr, solche ans Tageslicht zu holen, Pandora und so. Tom derweil macht es richtig, indem er einerseits mehr oder weniger junge Interpretatorinnen und Interpretatoren an Bord holt, sowohl Songs nicht gar zu gründlich entstaubt. Während des Konzerts schreit mir denn einer ins Ohr, dass Hellhammer damals ihrer Zeit halt etwa vierzig Jahre voraus gewesen waren, worauf er munter weiter bangt. Und recht hat er. In der Tat haben sie (Tom? Die Musik?) nichts von ihrer Authentizität eingebüsst und Adoleszenz optimal überwunden, was du erst mal schaffen musst.

Wir von HeAvYmeTaL.ch freuen uns über die (vorerst) provisorische Zusage von Tom Gabriel Fischer, an einem unserer Podcasts heavymetalPUNK mitzuwirken und sind mächtig gespannt darauf.

Text von claude@HeAvYmeTaL.ch mit Ergänzung von patrik@HeAvYmeTaL.ch.


HeAvYmeTaL.ch ist ein gemeinnütziger Verein, der die Schweizer Metalszene nach Kräften unterstützt. Falls du einen Beitrag leisten willst: Von der eigenen Mitgliedschaft bist du DIESEN EINEN KLICK entfernt.

Verspürst du gar Lust, dich redaktionell zu betätigen, schreibst du uns am besten.