Rückblick aufs Baden in Blut Festival 2025

Prelude (20 Years Baden in Blut)

Baden in Blut – 100 % Metal, 0 % Bullshit. Seit 2005 steht das Baden in Blut im südbadischen Weil am Rhein für Underground-Spirit. Was als DIY-Projekt von Fans für Fans begann, ist heute eine feste Grösse in der Szene – unabhängig, familiär und komplett ehrenamtlich organisiert. Statt Kommerz gibt’s hier Metal pur: ein starkes Line-up mit internationalen sowie lokalen Acts, faire Preise, kaltes (und verdammt süffiges) Bier, kurze Wege und eine entspannte Atmosphäre. Über 140 Helfer machen das Festival jedes Jahr möglich – mit Herz, Schweiss und Leidenschaft. Das Baden in Blut ist ein Zuhause für alle, die Metal leben – ohne Schnickschnack, aber mit jeder Menge Seele.  Auch die HeAvYmeTaL.cH-Crew war dieses Jahr wieder vor Ort. Zwischen gutem Essen, kurzen (und langen) Wegen, fragwürdigen Hotel-Aufzügen und etwas launischem Festivalwetter. Natürlich haben wir auch ein Auge (und Ohr) auf die Bands geworfen – und ein paar Tipps für künftige Baden in Blut-Pilger haben wir ebenfalls im Gepäck.


Warm-Up Day, 17.07.2025

Los ging’s dieses Jahr schon am Donnerstagnachmittag – ungewohnt für Stammgäste, aber: Jubiläum ist Jubiläum! Baden in Blut legt 2025 eine halbe Festival-Schippe drauf und startet zur Feier des 20-jährigen Bestehens schon früher. Also: Sachen packen, ins Auto steigen und ab nach Weil am Rhein. Unsere Unterkunft diesmal: das carathotel. Erste Ernüchterung gleich beim Check-in. Von drei Aufzügen funktioniert genau einer – bei zehn Stockwerken keine gute Quote. Unser Zimmer? Im siebten. Also: Warten. Und dann rein in einen Aufzug, der von oben bis unten mit einem Teppich ausgestattet ist, der vermutlich seit den frühen 2000ern keine Reinigung mehr gesehen hat. Aber gut – irgendwann angekommen, kurz das Gepäck abgeworfen und los geht’s: zu Fuss Richtung Festivalgelände. Der Marsch zieht sich – rund 40 Minuten sind’s bis zum Dreiländergarten. Erste Diskussionen über ein Taxi lassen nicht lange auf sich warten. Aber egal: Hauptsache angekommen!

Redaktions-Tipp #1: Nehmt das carathotel …NICHT! Schon die kaputten Aufzüge waren ein Griff ins Klo – aber das war leider erst der Anfang. Unfreundliches Personal, versiffte Teppiche (nicht nur im Aufzug, sondern auch in den Zimmern) und ein Frühstücks-Chaos, das eher an Kantine als an Hotel erinnert. Wobei man in der Kantine vermutlich schneller ans Brötchen kommt. Nein danke. Komfortabler (und freundlicher) ist’s im Best Western Hotel Dreiländerbrücke – allerdings inzwischen leider ziemlich teuer. Wir testen beim nächsten Mal eine neue Unterkunft …und berichten natürlich wieder für euch!

Den Very Special Guest haben wir fast verpasst – die Warteschlange am Presse- und Gästeliste Corner war etwas sehr lang. Zugegeben: Auch ein bisschen unser Fehler, wir hätten wohl einfach früher loslaufen sollen. Schuld auf den Hotelaufzug geschoben. Kurz vor Ende des Sets dann der Pressepass endlich am Mann, Verzehrkarten eingesackt und das Kellerbier in der Hand. Destination:Hell war eben dieser Very Special Guest, den wir gerade noch so mitbekamen – lokale Legenden, die schon beim allerersten Baden in Blut auf der Bühne standen und sich zum 20-jährigen noch einmal die Ehre gaben. Die Band gibt’s eigentlich schon lange nicht mehr, aber für diesen Anlass wurden die Gitarren noch einmal entstaubt. Aus der Kürze klang’s nach solidem Thrash/Black/Death/wasauchimmer-Metal.

Redaktions-Tipp #2: Bargeld? Könnt ihr daheim lassen. Beim Baden in Blut läuft alles über Verzehrkarten – praktisch und unkompliziert. Statt Kleingeld zu zählen, holt ihr euch einfach Guthabenkarten im Wert von 20 oder 50 Euro direkt an den Ausgabestellen. Bezahlt wird bequem mit Kreditkarte. So klappt’s schnell und stressfrei mit Bier, Wurst & Co. an den zahlreichen Ständen. Falls am Ende noch Guthaben auf eurer Verzehrkarte übrig ist – kein Problem. Nach dem Festival könnt ihr die Karte ganz entspannt wieder gegen Bares eintauschen. Einfach zur Rückgabestelle gehen, Karte abgeben, Geld zurück - fertig. Merchandise muss hingegen mit Karte oder Bar bezahlt werden.

Weiter geht’s mit Fallen Yggdrasil – diesmal direkt im Fotograben, der noch überraschend leer ist. Die fünf Herren aus Tübingen sind ebenfalls für das Jubiläum aus der Versenkung zurückgekehrt und liefern soliden, druckvollen Death Metal mit ordentlich Drive. Das sorgt bei so manchem im Publikum für ein anerkennendes Nicken – und bei anderen sogar für ein breites Grinsen. Welcome back!  Nahtloser Übergang dann zu Bitterness, die stilistisch in eine ähnliche Kerbe schlagen – allerdings etwas melodischer unterwegs. Die Lokalmatadoren aus Waldshut-Tiengen haben sichtlich Spass auf der Bühne, und das überträgt sich direkt aufs Publikum. Ein starker Auftritt! Zeit für Bierwechsel: vom Kellerbier zum Pils.

Side-Note: Das Baden in Blut bietet ganze sechs (!) Fassbiere – und das bei einem Festival dieser Grösse. Respekt! Vom klassischen Pils über Kellerbier, Guinness, IPA und diversen Mischvarianten ist für jeden Geschmack etwas dabei. Dazu gibt’s Softdrinks, Met, Whiskey – und sogar ein isotonisches Sportgetränk, über das wir im Laufe des Wochenendes noch sehr dankbar waren.

Redaktions-Tipp #3: Achtung, liebe Schweizer! - Wenn ihr euch ein Panaché wünscht – bestellt beim Baden in Blut lieber gleich ein „süsses Radler“. Ansonsten bekommt ihr meistens 50 % Mineralwasser und 50 % Bier. Klingt erfrischend, schmeckt aber... nach Enttäuschung.

Und dann: All Hail the Goat! Mr. Hellripper persönlich entert gemeinsam mit seinen Gastmusikern die Baden in Blut-Bühne – und liefert ab, als gäbe es kein Morgen. Wie geil war das bitte?! Black Magick Satan Evil Speed Metal in Reinform. Wer bei Midnight an seine Grenzen kommt – Hellripper geht drüber. Und zwar mit Vollgas. Definitiv eines meiner Highlights des Tages. Songs wie „Goat Vomit Nightmare“ und „Nunfucking Armageddon 666“ sagen ohnehin schon alles. Fazit: Brutal, kompromisslos, geil. Ich freu mich jetzt schon auf das nächste Mal – vor allem auf das Meh Suff!-Auftritt. Gerade da eine willkommene Abwechslung zum Karussell-Einheitsbrei.

Wetter top, Stimmung prima – alles schön, bis Harakiri For The Sky die Bühne betreten. Ganz ehrlich: Richtig warm wurde ich mit der Band nie. Irgendwie etwas „kartoffelig“ und bei der Dynamik meist auf unter Null. Vielleicht auch ein bisschen sehr im Schatten der Vorgänger-Band. Vielleicht auch etwas zu viel Dramatik, entgegen meiner persönlichen Stimmung. Meine mitgereisten Gspändli hingegen hatten ihren Spass – und hey, genau so soll’s sein! Ich gönne mir derweil eine Portion „griechische Pommes“ im Biergarten. Shoutout an den Ares Greek Food-Truck! Beste Pommes ever, vor allem mit Tsatziki und diesem griechischen Oregano – tausendmal besser als langweiliges Ketchup oder Mayo. Auch die Pitas sind der Hammer. Essens-Tipp aus der Redaktion – und ich hoffe, die sind auch nächstes Jahr wieder am Start!

Headliner-Time! Non Est Deus. Optisch opulent. – Kanonenfiebrige Masken und dieselben Moves, nur ohne Weltkrieg, dafür mit Satan, weissem «Umhang» und Jesuslatschen. Diese sorgen im Fotograben für ordentlich Gelächter. Feuer gibt’s auch – immer und überall. Als wäre es nicht ohnehin schon heiss genug. Aber hey, more flames, more Metal, oder? Musikalisch? Durchaus überzeugend. Klar hört man den Einfluss der polnischen Schule (Mgła & Co.), aber das Ganze ist gut gespielt, gut arrangiert und zieht definitiv. Kein bisschen langweilig – ganz im Gegenteil. Die Show war würdig eines Headliners, die Stimmung intensiv – und selten hatte ich beim Fotografieren so viel Spass. Ein würdiger Abschluss.

All unsere Fotos vom Warm-Up Day gibts hier.


Festival-Day I, 18.07.2025

Wie das halt so ist: Der erste Festivaltag haut meistens am härtesten rein. Bei uns war das keine Ausnahme. Die Stimmung war bombastisch, das Bier floss in Strömen, und die Vorfreude auf die kommenden Tage war mehr als greifbar. Der Morgen danach? Weniger euphorisch. Statt Festival-Ekstase herrschte erstmal Katerstimmung deluxe. Das ursprünglich geplante Shopping wurde kurzerhand gegen horizontale Bettruhe eingetauscht. Bevor’s wieder aufs Gelände ging, gab’s noch einen kurzen Zwischenstopp beim örtlichen Aldi – Ingwer-Shots statt Dosenbier, um die Lebensgeister zumindest ein bisschen anzuschubsen. Angekommen hiess es dann: alkoholfrei starten, langsam wieder reinkommen und den Tag mit halbwegs klarem Kopf angehen.

Los geht’s! Den Auftakt machten heute Words Of Farewell – und wie! Frontmann Alex Otto lieferte auf der Bühne eine Performance, als würde der Hulk persönlich das Mikro schwingen (nicht nur im übertragenen Sinne...). Zwei Schritte zurück, und selbst dann reicht das Weitwinkel kaum, um seine massive Präsenz irgendwie einzufangen. Die Band hatte sichtlich Bock, und das übertrug sich sofort aufs Publikum. Musikalisch gabs gut gemachten Melodic Death Metal mit ordentlich Wumms – kraftvoll und auf den Punkt. Ein rundum gelungener Start.

Istapp («Eiszapfen») aus Schweden wussten vor allem optisch Akzente zu setzen: dicke, zusammengenähte Umhänge gepaart mit eisiger Bühnenpräsenz – nur leider zur glühenden Nachmittagshitze. Nicht gerade der ideale Slot für frostigen Black Metal. Musikalisch gab’s melodisch angehauchten Black Metal, solide, aber ohne grossen Wiedererkennungswert. Das durchgestrichene Sonnensymbol auf dem Backdrop – irgendwo zwischen kluger Ironie und ungewolltem Kommentar zur Wetterlage. Insgesamt mehr Show als Sound, aber durchaus ein eigenwilliger Farbtupfer im Line-up.

Kompletter Kontrast zur Vorgängerband: Bei Iotunn war es plötzlich die optische Sparflamme, dafür zündete die Musik umso mehr. Keine Kostüme, kein Firlefanz – aber was da aus den Boxen kam, war schlichtweg beeindruckend. Beim Vorhören hatte ich mich schon gefragt, ob der Sänger diese beeindruckende stimmliche Bandbreite auch Live abliefern kann. Antwort: Ja – und zwar zu 150 Prozent. Die Songs, meist irgendwo zwischen 10 und 15 Minuten, wirkten episch, durchdacht und niemals langatmig. Songwriting auf allerhöchstem Niveau. Den Fotograben habe ich schnell wieder verlassen – den Rest des Sets wollte man einfach direkt vor der Bühne erleben.

Tribulation lieferten wie gewohnt solide ab – musikalisch eh stark, aber die sonst so markante Gothic-Laune kam diesmal nicht ganz so 100% rüber. Nicht schlecht, aber auch kein Ultra-Gänsehautmoment. Dann: Soulfly. Heilige Scheisse. Schon als Teenie war das eins meiner ersten Bandshirts – vielleicht auch Korn oder Rammstein, wer weiss das schon genau... Aber egal, damals schon geil – heute noch immer ein Brett. Jumpdafuckup-Vibes vom ersten bis zum letzten Song. Max Cavalera gut gelaunt – klar, gealtert ist er sichtbar, aber die Energie war da. Die Band am Hüpfen, Moshen, Posen – alles dabei. Das Publikum voll mitgezogen. Rundum ein starker, energiegeladener Auftritt, wie man ihn sich von einer Legende wie Soulfly erhofft.

Den Schlusspunkt des Tages setzten The Halo Effect – und wie gewohnt war es Mikael Stanne, der die Bühne im Alleingang dominierte. Ein Frontmann wie ein Marathonläufer, ständig in Bewegung, dabei immer mit einem sympathischen Lächeln im Gesicht. Gewohnt dynamisch auch die restliche Band, der Sound gut. Nach dem Energie-Feuerwerk von Soulfly hat’s mich emotional nur noch am Rande erwischt. Solide Show, keine Frage – aber der Funke sprang diesmal bei mir nicht mehr ganz über.

All unsere Fotos vom Freitag gibts hier.


Festival-Day II, 19.07.2025

Am letzten Festivaltag liegt was in der Luft. Die Stimmung wird zunehmend nervös, der Wetterradar wird kritisch beäugt. Zwischen Tornado-Alarm, Hagel, Starkgewitter und „vielleicht nur ein bisschen Regen“ scheint heute wettertechnisch alles möglich. Vom Stammtisch aus beobachten wir, wie sich das erste kleine Merch-Zelt bei einer Böe spektakulär verabschiedet. Immerhin: Das Festival zeigt sich bestens vorbereitet. Auf den Screens laufen Evakuierungspläne und klare Hinweise, wie man sich im Ernstfall verhalten soll – da hat jemand mitgedacht. Die Sonnencreme? Rückblickend eher ein optimistischer Move. Aber hey, die Hoffnung stirbt zuletzt – zumindest bis Heretoir die Bühne betreten. Da wird schnell klar: Der Regen ist nicht nur eine Randnotiz. Zum Glück wars dann auch nach einer guten halben Stunde wieder vorbei. Der Billig-Poncho wurde trotzdem gut nass.

Redaktions-Tipp #4: Irgendwann braucht selbst der härteste Festivalgänger mal 'ne (Regen-)Pause. Und wie jedes Jahr unser bewährter Rückzugsort: die Tribüne – ein Restaurant, das nur ein paar Schritte vom Gelände entfernt liegt und sich in den letzten Jahren als echter Geheimtipp bewährt hat. Drinnen erwartet uns nicht nur wieder trocknende Kleider, sondern auch eine Bedienung, die ein bisschen schrullig, aber absolut charmant ist – mit Charakter und Freude an der Sache. Die Speisekarte lässt kaum Wünsche offen: Von saftigen Steaks über Pizza bis zu den legendären „Tribünen-Hits“ ist alles dabei, was den Magen wieder auf Kurs bringt. Endlich mal Bier aus’m richtigen Glas dazu noch echtes Geschirr – fast schon dekadent. So fühlt sich Festival-Wellness an.

Angelus Apatrida habe ich – ganz nach Redaktions-Tipp #4 – leider verpasst. Meine geschätzten Kollegen blieben hängen und waren voll des Lobes. Wird also definitiv später nachgeholt. Borknagar? Da war bei mir eher Gähnen statt Gänsehaut angesagt. Wahrscheinlich einfach schon ein bisschen zu platt. Das Essen von der Tribüne lag noch schwer im Magen – kein optimaler Moment für gemächliche, komplexe Klangstrukturen. Fast Forward zu Rotting Christ. Ich weiss ehrlich gesagt gar nicht mehr, wie oft ich diese Band inzwischen live gesehen habe. 20 Mal in 15 Jahren? Locker. Und genau da liegt das Problem: Setlist, Show, Bewegungen – alles wie vor 15 Jahren. Für Neulinge sicher noch beeindruckend, für mich leider eher Déjà-vu statt Ekstase. Ich mache es mir also weiter hinten gemütlich, fluche kurz über die ausgestiegene SD-Karte in meiner Kamera (zum Glück schnell gefixt) und lasse das Ganze eher als solide Hintergrundbeschallung an mir vorbeiziehen.

Unser Abendmahl gibt’s heute am Pasta-Italiano-Truck (Sorry, Namen vergessen!). Zwei Mal Pasta, einmal ohne Käse – zumindest theoretisch. Hat nicht ganz geklappt, aber wir nehmen’s mit Humor. Die Jungs hinter dem Tresen sind durch: hunderte Portionen rausgehauen, sichtlich müde, komplett im Festival-Überlebensmodus. Verständlich. Statt die Verzehrkarten wie gewohnt abzustreichen, wurde einfach nur der Name drauf geschrieben. Kollektives, erschöpftes Gelächter inklusive. Und die Pasta? Die war richtig stark. Frischer Knoblauch inklusive.

Der Tag neigt sich dem Ende zu, Hypocrisy haben trotz bandinterner, krankheitsbedingten Hindernissen abgeliefert (Danke für The Final Chapter - Hat emotional hart getroffen!). Der letzte Ton ist verklungen. Zeit für den Rückzug an unseren altbewährten „Stammtisch“. Jetzt heisst’s: Kassensturz. Die Verzehrkarten geben noch ein paar letzte Euro her – gerade genug für einen Mitternachtssnack und ein paar finale Kellerbiere. Wir stossen an. Auf ein Festival, das wieder mal alles geliefert hat. Auf den Metal und die Menschen, mit denen man genau so einen Rausch gern teilt.

All unsere Fotos vom Samstag gibts hier.



Text: P. Weber


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Fotos

Fallen Yggdrasil

Bitterness

Hellripper

Harakiri For The Sky

Non Est Deus

Destination:Hell