Ausblick aufs Dark Easter Metal Meeting 2026 / Sonntag


Acts vom Sonntag, 5. April 2026


1914

1914 hatten es in jüngster Zeit alles andere als leicht. Der andauernde Krieg in der Ukraine lastet schwer, und die kurzfristig blockierte Ausreise führte schliesslich zur Absage der 2025er Tour  „Anthems for Doomed Youth“. Dennoch konnten im Sommer 2025 dann noch ein paar Gigs gespielt werden, wobei von Untätigkeit ohnehin keine Rede sein kann. Gemeinsam mit dem ukrainischen Post-Industrial-Projekt Ship Her Son veröffentlichte man eine düster verstörende Coverversion von The Prodigys „Invaders Must Die“, ein klares politisches Statement. Das eigentliche Highlight folgte jedoch mit dem Release ihres vierten Studioalbums Viribus Unitis. Die Platte erzählt die Geschichte des ukrainischen Soldaten Ivan, der den Ersten Weltkrieg überlebt, nur um direkt nach Kriegsende in einem Gefecht zwischen Russland und seiner Heimat sein Leben zu verlieren. Ein Werk mit musikalischem Gewicht und ohne Durchhänger - vielleicht sogar ihr rundestes Werk bisher. Wir freuen uns und drücken die Daumen, dass beim DEMM diesmal alles reibungslos klappt!


CWFEN

Aus Glasgow kommt die noch junge Band CWFEN. Ja genau, CWFEN. Ausgesprochen ist's dann „Coven“. Vielleicht, weil von anderen Bands inflationär verwendet (immerhin 65 Einträge auf Metallum!), vielleicht auch als feine Huldigung an die US-Psychedelic-Oldies Coven. Doch egal, woher der Name auch kommt: Ihr dieses Jahr erschienene Debüt sorgte für Aufsehen. Mit einer Mischung aus doomiger Schwere, Shoegaze-Anleihen und einer düster glimmernden Intensität wirken CWFEN völlig unverbraucht. Eine willkommene Bereicherung im Line-Up und ein weiteres kleines, noch weitgehend verborgenes Juwel, das durchaus Potenzial besitzt, zu einem echten Geheimfavoriten des diesjährigen DEMM zu werden.


DARKHER (Only Show in Germany 2026)

Jetzt wird’s dramatisch. Wer auf hypnotisch düstere Klangwelten steht, sollte bei DARKHER seine Ohren spitzen. Um einen ungefähren Vergleich zu ziehen: Die ruhigeren Ambient- und Folk-Stücke von Myrkur treffen den Kern recht gut und auch Fans von Dead Can Dance dürften auf ihre Kosten kommen. Jayn Maivens Solo-Projekt bewegt sich abseits der lauten Pfade und erschafft stattdessen eine Welt voller Angst, Tod und verlorener Seelen. Musikalisch wird da nichts überstürzt: Die Stücke sind langsam, sorgfältig gebaut, mit hypnotischer Intensität, getragen von omnipräsenten Arrangements aus Cello und Violine. Wer sich darauf einlässt, erlebt einen kleinen Kulturschock ..aber im positiven Sinne.


DÉCEMBRE NOIR

Eine fette Portion Depression darf an diesem DEMM natürlich nicht fehlen. DÉCEMBRE NOIR waren wohl die letzte Band, die ich kurz vor dem totalen Corona-Lockdown live gesehen hatte. Ein fast schon prophetischer Moment. Die aus Erfurt stammende Band ist bereits seit mehreren Jahren unterwegs, doch im Kern seitdem kaum verändert: langsame, drückende Riffs und tragische Melodien. Volle Breitseite in die Magengrube garantiert. Pflicht für alle Fans die am diesjährigen DEMM Paradise Lost vermissen.


ENTHRONED

ENTHRONED dürfte wohl jedem Metal-Fan schon einmal "über den Weg gelaufen" sein. Seit dem Weggang von Lord Sabathan im Jahr 2006 befindet sich die Band nicht mehr im Originalzustand – weitermachen tun sie trotzdem, und das mit durchaus hoher Qualität. In regelmässigen Abständen erschienen neue Outputs, dass mittlerweile auf nicht weniger als 12 Alben sowie unzähligen Splits, Demos und EPs zurückgegriffen werden kann. Live wird aus diesem Repertorium auch alles abgerufen: ENTHRONED huldigen der zweiten Welle des Black Metals in all ihrer Wucht. Thematisch bleibt alles beim Altbekannten: Tod, Satan und Apokalypse, also nichts Neues im Westen. Trotzdem: Militant und in jeder Hinsicht sehens- und hörenswert.


LIK

Melodisch, catchy, heavy, groovig. Ein Schuss Dismember, eine Prise Bloodbath, ein Hauch At the Gates und schon landet man bei Lik, einer der kompetentesten Schwedendeath-Bands der jüngeren Generation. Klingt jetzt nicht nach "Weltneuerfinden", klar. Doch Lik machen das, was sie tun auf verdammt hohem Niveau. Alles wirkt eine Spur frischer, dynamischer und variabler als bei vielen nordischen Genre-Vertretern. Der Wiedererkennungswert ist also definitiv da. Mit dem diesjährigen Release von Necro haben die Schweden zudem eindrucksvoll bestätigt, dass sie ihre Qualität nicht nur halten, sondern sogar weiter schärfen können. Ein absoluter Gradmesser modernen Schwedentods nicht nur für Deathmetaller ein 10/10-Must See am Dark Easter Metal Meeting.


RUÏM (First Show in Germany)

Portugal mit Norwegen zu verbinden ist vielleicht kein Klacks, aber im Fall von RUÏM geografische Nebensache. Portugal ist inzwischen die neue Heimat des ehemaligen Mayhem-Masterminds Rune „Blasphemer“ Eriksen, das heisst, seine Vergangenheit verleiht dem Projekt ein beachtliches künstlerisches Standing. RUÏM stellt im Kern sein Quasi-Soloprojekt dar, unterstützt durch den französischen Drummer Cesar Vesvre, welcher unter anderem als Live-Schlagzeuger bei den Urgesteinen Agressor unterwegs ist. Mit Black Royal Spiritism – I. O Sino da Igreja veröffentlichten RUÏM den ersten Teil einer angelegten Trilogie. Ein imposanter Auftakt. Der Sound präsentiert sich sperrig und eigenwillig: nichts, was man mal eben leicht konsumiert. Stattdessen kopflastig und ritualhaft. Der Auftritt am DEMM markiert die erste Show der Band in Deutschland.


TRIPTYKON

«Es ist schön, am Ostersonntag für den Herrgott zu spielen!», brachte es Tom Gabriel Fischer im Kontext des Dark Easter Metal Meetings treffend auf den Punkt. Mittlerweile scheint er sich dort fast schon zuhause zu fühlen, denn bereits zum dritten Mal (mit Triumph of Death sogar 4!) steht er auf der grossen Bühne des Backstage-Werks. TRIPTYKON verkörpern die radikale, tiefschwarze und kompromisslos künstlerische Weiterführung seines musikalischen Schaffens nach Celtic Frost. «The heaviest, darkest music I have ever created» eben. Jedes TRIPTYKON-Album funktioniert dabei als eigenständiges Gesamtkunstwerk: nicht wirklich miteinander vergleichbar und herrlich unangepasst. Eine Band, die sich konsequent jeder Erwartungshaltung entzieht. Halt einfach immer wieder schön!


THYRFING

Nicht nur Fans von Dimmu Borgir oder Moonsorrow kommen bei THYRFING voll auf ihre Kosten. Die Schweden setzen auf Keyboard-durchzogene, epische Melodien, verpackt in ein kraftvolles Viking-/Black-Metal-Gewand. Heraus kommt eine beeindruckende Mischung aus nordisch-dunkler Grundstimmung und freudvoll erhobenen Methörnern, aber mit der nötigen Ernsthaftigkeit und Gravitas. Weit entfernt vom Wald- und Wiesenmetal mit dämlichen Saufliedern, Flötenbegleitung und Klamauk stehen bei THYRFING Qualität und ausgefeilte Songs klar im Vordergrund. Monumental und episch. Schön!


WHOREDOM RIFE

WHOREDOM RIFE stellt eine der wohl treffendsten Definitionen dafür dar, wie mitreissend norwegischer Black Metal auch heute noch klingen kann. Hauptakteur Vegar „Vyl“ Ytterdal Larsen – einigen wohl als früherer Drummer von Keep of Kalessin ein Begriff – verleiht der alten Schule frischen Atem, dazu noch Intensität, welche man in dieser Form lange vermisste. Bestimmt mischt ein Schuss persönliche Begeisterung mit, doch zweifellos zählt die Band mittlerweile zur Speerspitze des modernen Black Metals. Insbesondere, wenn es um kreative Kraft, düsterkalte Harmonien plus kompromisslose Prägung geht. Der 2024 erschienene Viertling Den Vrede Makt steht exemplarisch dafür: grimmig, ungestüm und gleichzeitig offen für mutige Akzente – inklusive Akustikgitarren und weit ausschwingenden Melodielinien. Kurzum: Die gehören auf die grosse Werk-Bühne, nicht zuletzt, weil WHOREDOM RIFE live nur selten zu erleben sind.


THRON

Ein zusätzlich halber Schweizer Vertreter hat’s dann doch noch ins Line-Up geschafft: Mit Drummer J und Gitarrist Ravendust stehen gleich zwei bei Malphas aktive Musiker auch bei THRON auf der Bühne. Scheuklappen? Fehlanzeige. THRONs Fundament ist zwar eindeutig im schwedisch geprägten Black/Death-Metal zu suchen, doch wird dieses um Elemente aus Gothic, Prog und klassischem Heavy Metal erweitert. Die Experimentierfreudigkeit bewegt sich dabei auf hohem Niveau, ohne den harschen Kern ihres Sounds zu verwischen. Spätestens seit dem letzten, extrem spielfreudigen und energiegeladenen Auftritt am Baden in Blut dürfte klar sein: THRON gelten auch am DEMM als absolut sichere Nummer.


PONTE DEL DIAVOLO

Ausser jenem Grabtuch, welches den Leichnam Jesu anscheinend umhüllt haben soll, findet sich ganz in der Nähe die Ponte del Diavolo, welche den Fluss Stura di Lanzo überspannt, umwoben von teuflischen Sagen und Geschichten. Die gleichnamige Turiner Band bringt diese Aura in Form von Occult Doom Rock auf die Bühne, ähnlich wie The Devil’s Blood, die Mitte der 2000er ihren Höhepunkt hatten. PONTE DEL DIAVOLO würzt das Ganze jedoch mit einer eigenen Post-Punk-Attitüde und Elementen aus Dark Wave und Gothic. Ausgehend von der eindrucksvollen Stimme von Miss Diavolo entsteht ein höchst interessantes Gesamtkonzept, das ätherisch, oft gespenstisch und ritualistisch wirkt. Und ja, die Band hat zwei Bassisten – ein ungewöhnlicher, aber genialer Ansatz, der den Sound  im besten Sinne tiefer und dynamisch nach unten drückend macht.


Und damit wären wir einmal quer durchs Line-Up gerauscht. Am DEMM 2026 gibt es wieder reichlich zu entdecken, zu feiern und zu verkraften – im besten Sinne. Die Mischung aus selten live spielenden Bands, starken Headlinern und spannenden Neuentdeckungen macht das Festival erneut zu einem Fixpunkt für alle, die Ostern lieber im Backstage als im Kirchenschiff verbringen. Wir sehen uns zwischen Garten, Werk und Halle mit einem Augustiner Hell in der Hand.


 ..oh, ja – ein paar Tipps zum Rundherum wurden ja initial auch versprochen. Na gut: Beim Hotel gibt es eigentlich nur eine (aber verdammt bequeme) Empfehlung. Das in 3–5 Minuten Gehdis-tanz erreichbare Holiday Inn Express München City West. Wems preislich zu happig ist, findet in gut 20-30 Minuten Laufdistanz alle gängigen Hotelketten. Als kulinarische Abwechslung zu den Foodständen im Backstage sei das „Ewige Licht“ empfohlen. Herzhafte, klassische bayrische Küche, die nicht nur Arbeiter nach zwölf Stunden am Bau sättigt, sondern auch abgekämpfte Metalheads. Hier ist ein Schnitzel erstens vom Schwein, zweitens grosszügig geschnitten und drittens schlicht riesig.


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Text von P. Weber



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