WOLVES: Black Metal am Zurich Film Festival

Da und dort siehst du Lederjacken. Schwarze Shirts. Dann wieder Herausgeputzte. Wir sind am Zurich Film Festival und gespannt auf die Weltpremiere von WOLVES, dem ersten Schweizer Black Metal Film. 

Der Frame-Saal füllt sich allmählich. Gleich neben mir eine Gruppe etwa Dreissigjähriger, die sich diverser W-Frage(n) rund um Schwarzmetall widmen. «Keine Ahnung», meint der eine betont beiläufig, während er gelassen am Bier nibbelt. «Eigentlich gekreischter Death Metal», will sein Sitznachbar es besser wissen, womit er gleich noch eine zusätzliche Genrebezeichnung in die Reihe wirft. Der Dritte winkt mit einem Fläschchen überteuertem Pale Ale durch die Gegend. Black Metal sei im Fall mehr so aaam-bient. In der Folge driftet das Gespräch in Richtung brennende Kirchen Dänemarks, was schliesslich auf antichristliche, zumindest aber satanische Gesinnung zu-rückzuführen sei. Oder war’s Norwegen gewesen?

Ob es WOLVES während der folgenden rund hundert Minuten gelingt, diesbezüglich Antworten zu präsentieren, werden wir herausfinden. Ebenso, wie es sich mit bereits chronisch angeschwärzten Metalheads im Publikum verhält. «What does it mean to be a metalhed today?», formuliert denn der Regisseur selbst seine Leitfrage, wobei er einerseits auf die Rolle der Frau in einer nach wie vor maskulinen Szene verweist, andererseits (rechts-) politische Tendenzen anspricht.

Der Streifen von Jonas Ulrich stellt am heurigen ZFF den einzigen Schweizer Wettbewerbsbeitrag in der Kategorie Spielfilme dar. Eigens für die Produktion wurde die Band WLVS gegründet, deren Musiker aus dem hiesigen Underground rekrutiert wurden. Lediglich für die Rolle des Sängers Wiktor hatte man den polnischen Schauspieler Bartosz Bielenia gewinnen können. WLVS spielte unter anderem im Vorprogramm von AMENRA echte Live-Sets vor echtem Live-Publikum.

Die Story

Der Spielfilm erzählt die Geschichte der jungen Erwachsenen Luana (hervorragend dargestellt durch Selma Kopp), die über ihren Cousin Domi (Fabian Künzli) mit Black Metal in Berührung kommt. Als sich die Gelegenheit abzeichnet, seine Band WLVS während einer wöchigen Tournee zu begleiten, nimmt sie die Gelegenheit nur zu gerne wahr, zumal Luana für den Sänger Wiktor schwärmerische Gefühle empfindet. Dazu noch gestaltet sich die Beziehung getrennt lebenden Eltern schwierig, zudem die zu Begeisterung für ihre Aufgabe als Kinderkrippenbetreuerin sich arg in Grenzen hält.

Während der Tournee (wieder-) begegnen wir wohlbekannten lokalen (Subkultur-) Locations, wobei Luana und Wiktor sich unvermeidlich näher kommen und bald als Paar dargestellt werden. Eine Beziehung, die ihre erste Probe erfährt, als Wiktors Distanziertheit und (politische) Ambivalenz zu Spannungen innerhalb der Band führt. In der Folge spitzt Situation sich sukzessive zu, wobei die Thematik NSBM (National Socialist Black Metal) mehr als durchschimmert. Luana wird letztlich eine Entscheidung zu treffen haben. 

Die Regie

Mehr oder weniger lose Szenen verbinden sich chronologisch sortiert zu einem Ganzen, was dem Film das Flair eines Dokumentarfilms verleiht. Die Storyline präsentiert sich entsprechend geradlinig und hält wenig Überraschendes bereit. Gerade aber durch die Gewissheit des sich Abzeichnenden entsteht Spannung, die insbesondere während der zweiten Filmhälfte in Bedrückung hineinwächst. Konsequenter Weise sind Dialoge eher knapp gehalten und versorgen mit gerade mal so viel Info wie notwendig. Damit wird zudem dem Umstand Rechnung getragen, dass ein Gros der Nebenrollen an Laien vergeben wurde. Diese werden im Übrigen geschickt ins Geschehen eingewoben und verhelfen dem Streifen zu Glaubwürdigkeit. Die nahe Kameraführung sorgt dafür, dass Zuschauer direkt ins Geschehen hineingeholt werden. Konzertmitschnitte sowie Gespräche zwischen Bandmitgliedern gewinnen dadurch an Unmittelbarkeit. 

Das Fazit

WOLVES werde voraussichtlich im Frühjahr 2026 über heimische Leinwände flimmern. Dich erwartet eine gute Portion Lokalkolorit, erfreulich harsche Filmmusik plus Blicke hinter die Kulissen einer BM Kapelle. Gleichzeitig werden Schattenseiten der Szene aufgezeigt, insbesondere im Bereich politischer Gesinnung. Jene Grauzone zwischen gutgemeintem Mystizismus und dessen Einbettung in nationalsozialistisches Gedankengut kann gut nachvollzogen werden. 

Überzeugt der Film vor allem im Szenischen, lässt Handlungsablauf sich hingegen in einfachen Sätzen ausdrücken. Die Beziehung zwischen Luana und Wiktor verbleibt seltsam blass und in ihrer jeweiligen Motivation kaum nachvollziehbar. Dies mag mit der situativen Herangehensweise an die Story zu schaffen haben. Insgesamt scheinen Dialoge mehrheitlich dem Verständnis von Handlungsstrang zu dienen, als dass sie inneres Wirken von Charakteren zur Geltung brächten.

Jedenfalls lassen wir uns WOLVES zum regulären Kinostart keinesfalls entgehen und empfehlen dir dasselbe. Sowohl Metalheads als Andersköpfige kommen auf ihre Kosten, wenngleich gezielte Fragen am Besten zum Beispiel am Verkaufstresen von Berggeflvster gestellt werden.




Text: C. Sturzenegger


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